Weshalb tiergestützte Arbeit?
Nahezu jeder Mensch ist in seinem Leben schon von einem anderen Menschen verletzt, enttäuscht oder verlassen worden. Aus Sicht der Betroffenen fällt es schwer, Menschen wieder zu vertrauen oder über schwierige Situationen aus der Vergangenheit und auch der Gegenwart zu sprechen. Hier spielt es keine Rolle, wie gut die Ausbildung von Ärzten, Therapeuten oder Pädagogen ist. Der Schwerpunkt der Hilfemaßnahmen von Menschen für Menschen liegt im Verbalen.
Bei Tieren ist das anders. Für sie spielt es keine Rolle, ob man beispielsweise dick oder dünn ist und welche Erfahrungen ein Mensch in seiner Vergangenheit gemacht hat. Durch nonverbale Kommunikation ist ein Tier immer echt und verlangt genau das auch von seinem Gegenüber. Das Tier kann nicht lügen und es wird sofort spüren und spiegeln, wenn der Mensch zu lügen oder seine Stimmungen zu überspielen versucht.

Ein weiterer Grund für die Arbeit mit Tieren ist, dass wir Menschen die Nähe eines fremden Tieres oft besser aushalten können, als die Nähe eines fremden Menschen. In Studien wurde nachgewiesen, dass der Blutdruck deutlich gesenkt wird, wenn wir ein Tier streicheln. Es gibt also eine beruhigende Wirkung.
Allerdings ist ein Tier nicht der bessere Therapeut. Es soll als Vermittler genutzt werden. Oft werden Tiere als sozialer Katalysator bezeichnet. Es gibt immer ein Gesprächsthema, wenn ein Tier anwesend ist. So kann ein therapeutisches Dreieck entstehen, welches dazu führt, dass ein verschlossener Mensch sich zum Beispiel mit einem Pädagogen über das Tier unterhalten kann und so immer mehr feststellt, dass er auch dem Pädagogen vertrauen kann. So lösen sich Barrieren auf und der Weg für eine Therapie, die im Verbalen begründet ist, kann geebnet werden.
Tiere bieten den Menschen etwas, das sie im Alltag mit anderen Menschen nur selten erleben dürfen: Jeden Tag geben sie den Menschen eine Chance für einen Neuanfang. Der Mensch kann seine Fehler jeden Tag wieder gut machen, es gibt jeden Tag die Bereitschaft, von neuem akzeptiert zu werden und Tiere tragen nichts nach. Tiere sind echt, ehrlich und transparent. Und genau das verlangen sie auch von den Menschen. Sie durchschauen jedes Schauspiel sofort und lassen sich vom Schein nicht beeindrucken. Sie erkennen den Menschen und lassen ihn dadurch sich selbst erkennen. Sie fordern schlichte Ehrlichkeit im Umgang mit ihnen und auch für den Menschen mit sich selbst.

Auswirkungen tiergestützter Arbeit auf den Menschen
In körperlicher Hinsicht sind vor allem die positiven Effekte auf das Herz-Kreislauf-System hervorzuheben. Auch der Stresspegel eines Menschen wird durch ein Tier gesenkt. Schon allein durch die Anwesenheit machen Tiere ausgeglichener. Herzschlag und Blutdruck sinken in ihrem Beisein. Der Grund für diese Tatsache liegt darin begründet, dass wir schon früh in unserer Evolution gelernt haben, dass wir entspannt sein können, wenn das Tier es auch ist. Tiere spüren Gefahr nämlich viel eher als wir.
Zudem besteht durch den Kontakt mit Tieren die Chance, die Genesung von Krankheiten zu unterstützen, den Appetit und die Atmung anzuregen. Ebenfalls können motorische Fähigkeiten (re)aktiviert werden und eine gesteigerte Beweglichkeit und Eigenständigkeit gefördert werden. Es wird angenommen, dass die Tatsache, dass Patienten und Bewohner von Pflegeheimen weniger nach medizinischer und pflegerischer Hilfe verlangen wenn ein Tier anwesend ist, mit der Ablenkung von den eigenen Leiden zu erklären ist. Es existieren Berichte, die auf Erfahrungen basieren und eine nach dem Tierbesuch anhaltende Mobilisierung der Kräfte beschreiben, die ebenfalls als Grund für den Rückgang der Hilfsbedürftigkeit von Patienten und Pflegeheimbewohnern gesehen werden kann.

Durch das Erleben von Zuwendung, Bestätigung und Bewunderung durch ein Tier entsteht ein positives Selbstbild, das Selbstwertgefühl wird gestärkt und damit auch das Selbstbewusstsein.
Im Kontakt mit Tieren findet sich ein Trost im Dialog, wodurch sich wiederum Traurigkeit und Depressionen verringern.
Der Kontakt zu Tieren kann mit Hilfe der sich entwickelnden seelischen Entspannung für eine mögliche Umbewertung von Ereignissen offen machen.
Für Menschen, die sich aus irgendwelchen Gründen in sozialer Isolation befinden (z.B. durch psychische Probleme, komatösen Zustand etc.), kann ein Tier sehr bedeutsam werden. Das Tier hilft diesen Menschen wieder mit ihrer Umwelt Kontakt aufzunehmen.

Kinder und Tiere
In der Auseinandersetzung mit der Natur und den Tieren können Kinder leichter lernen, sich selbst und ihre eigenen Grenzen kennen zu lernen. Besonders Kinder haben einen natürlichen und unmittelbaren Zugang zu Tieren. Häufig gelingt die Kontaktaufnahme mit einem ängstlichen Kind beispielsweise bei einem Arzt erst mit einem Gespräch über seine Haustiere.
Ein Tier nimmt das Kind so an, wie es ist. Einem Tier ist es gleichgültig, ob das Kind dick oder dünn ist, gut in der Schule oder schlecht im Sport, beliebt oder unbeliebt bei anderen Kindern. Etwa 87% der Kinder sprechen zuerst mit ihrem Tier, wenn sie Sorgen haben. Tiere werfen nichts vor, geben keine schlauen Ratschläge oder stellen bohrende Fragen. Das macht Tiere zu idealen Tröstern und zu tollen Zuhörern.